Historie der Graphologie
Die Schrift als ein sehr persönlicher Ausdruck des Schreibenden war in China vor tausend Jahren ein Thema „psychologischer Spekulation“. Was umso mehr verwundert, als das chinesische Schriftzeichen nahe beim Gemälde ist. Graphologie in Form von Kunstkritik also. Der italienische Arzt und Dozent Camillo Baldi hat 1622 an der Universität Bologna das erste Buch über die Deutung der Handschrift publiziert. Im 18. Jahrhundert lieferte der Schweizer Theologe und Philosoph Johann Caspar Lavater den ersten Ansatz für die moderne Graphologie. Seine Deutungen waren sehr intuitiv-emotional. Über die Schweiz hinaus bekannt sind die Forschungen und Beiträge des Berner Psychologen Max Pulver (1889-1952). In „Symbolik der Handschrift“ (1931) teilt er die Schrift in drei vertikale Zonen ein und setzt diese zu den drei Schichten des Charakters: Geist, Seele und Körper. (Quelle: Psychologie – Der Schriftgelehrte, der arbeitsmarkt 4_2007)
Methode
Die Arbeit der Graphologin beginnt mit der Erfassung der einzelnen Merkmale in der Schrift. Formung und Bewegung der Buchstaben, die Raumgestaltung auf dem Dokument, die Druckgebung, Größe, Lage und vieles mehr werden analysiert. Unter dem Mikroskop gibt die Betrachtung des Strichs mit seinen feinen Schwingungen Aufschluss darüber, wie es mit der seelischen und geistigen Lebendigkeit des Betreffenden aussieht. Anmutungsqualität und Ausdrucksgehalt im Schriftbild gehören ebenso zu den Erfassungsmethoden wie kombinatorisches Denken, Einfühlen, Nachempfinden und auch die Intuition der Graphologin. Die moderne Graphologie folgt einem ganzheitlichen Ansatz: Jedes Merkmal erhält seine Bedeutung erst in der Betrachtung des gesamten Schriftbildes. Schreibt jemand sehr klein ist er nicht etwa geizig oder introvertiert, das ist nur zum Teil richtig. Meistens besagt es, dass diese Menschen ihre eigene Persönlichkeit nicht in den Vordergrund stellen, aber eine Sache durchaus. Großschreiber dagegen brauchen mehr Platz und Freiräume und fordern mehr für sich selber, sind aber nicht unbedingt großzügig.
Die graphologische Methode ermöglicht Aussagen über:
- Leistungsvermögen und Arbeitsweise (Flexibilität, Initiative, Leistungsmotivation, Belastbarkeit)
- Geistige Fähigkeiten (Auffassungsgabe, Denkweise, Kreativität, Organisation, Urteilsvermögen)
- Soziale Kompetenz (Umgangsverhalten, Kontaktfähigkeit, emotionale Resonanz, Extraversion, Introversion, Einfühlungsvermögen)
- Seelische Verfassung (psychische Stabilität, Ausgeglichenheit, Selbstbewusstsein)
- Entwicklungspotential
- die Gesamtpersönlichkeit (Niveau, menschliche Integrität, Vitalität, Steuerung) sowie allgemein über Stärken und Schwächen in den verschiedenen Lebensbereichen.
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